Über uns

Liebe Freund*innen, liebe Kolleg*innen,

seit einiger Zeit arbeiten wir als DIDF an der Idee ein „Netzwerk für Demokratie, Frieden und Menschen -und Pressefreiheit in der Türkei“ ins Leben zu rufen. Angeregt dazu wurden wir von unterschiedlichen demokratischen und fortschrittlichen Kreisen und Einzelpersonen in der Türkei und Deutschland. Die Idee hat nun eine Gestalt, die wir Euch im Folgenden vorstellen möchten.

Ausgangslage: Woher kommt der Bedarf?

Die DIDF hat in ihren zahlreichen Erklärungen ausgiebig über die Lage und Entwicklungen in der Türkei berichtet. Darum werden wir hier nicht näher eingehen. Dennoch der kurze Verweis darauf, dass die Türkei nach dem sie den Ausnahmezustand aufgerufen und den Weg für eine neue Verfassung frei gemacht hat, galoppartig in Richtung einer Diktatur entgegensteuert bzw. mit eiserner Hand eben in diese Richtung gelenkt wird.

Die Berichterstattungen über die Türkei werden immer intensiver. Dies gilt vor allem für die Phase nach dem unsäglichem „Flüchtlingsabkommen.“ Die mediale, journalistische Aufmerksamkeit und Tätigkeit bleiben jedoch unvollständig bzw. konzentrieren sich lediglich auf den Fokus, die Repressionen der Erdogan-/AKP-Regierung weitestgehend öffentlich zu machen. Berichterstattungen zur Lage der demokratischen Oppositionsbewegungen, ihrer Forderungen und Aktivitäten findet man kaum bzw. nur punktuell. Dominanter Akteur innerhalb der Opposition in der Türkei ist die kurdische Bewegung. Auch wir als DIDF teilen die Auffassung, dass die politische und friedliche Lösung der Kurdenfrage entscheidende Voraussetzung für Demokratisierung der Türkei ist. Doch die fortschrittliche Opposition in der Türkei ist breit aufgestellt und umschließt viele gesellschaftliche und soziale Bewegungen. Dazu gehören die Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, die Frauenbewegung, die Umweltbewegung, lokale und landesweite Initiativen von weiteren demokratischen und fortschrittlichen Kreisen, wie bspw. die der AkademikerInnen. Doch in der öffentlich-medialen Berichterstattung hört man kaum bzw. nur sehr wenig über sie.

Die Bandbreite der Opposition muss als Gesamtheit erfasst, verstanden und gestärkt werden. Gegenteiliges wird eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage nur erschweren.

Der sich in der Türkei neu formierende „Zusammenschluss für Demokratie“, die Friedensbemühungen der AkademikerInnen oder die Kampagne „Journalismus ist kein Verbrechen“ sind aus unserer Sicht wichtige Ansatzpunkte der solidarischen Zusammenarbeit und Vernetzung. Daran wollen wir mit unserem Konzept anschließen.

Ein weiterer Beweggrund für uns ist die zunehmende Verlagerung der Polarisierungspolitik in der Türkei nach Deutschland und Europa. Bereits jetzt sind die Folgen dieser Form der Spaltungspolitik der türkischen Regierung („Wer gegen Erdogan/AKP ist, ist gegen die Türkei“) auch hier in den Betrieben und Nachbarschaften spürbar. Drohungen und zum Teil auch tätliche Angriffe gegen demokratische Kräfte oder Einzelpersonen häufen sich. Tausende türkische Geheimdienstler spionieren in Deutschland. All diese Umstände und Entwicklungen drängen uns, aus dem „Alleingang“ ein „Gemeinsames Vorgehen“ zu entwickeln.

Das Netzwerk – Rolle und Funktion

Die Unterstützung fortschrittlicher Zusammenschlüsse in der Türkei könnte eines der Ziele des von uns vorgeschlagenen Netzwerkes in Deutschland sein. Die Frage ist immer, was soll so ein Netzwerk machen? Was wäre das Ziel? Was bedeutet so ein Projekt praktisch? Unser Anliegen ist nicht, eine „feste“ (institutionelle) Organisation oder ähnliches zu gründen. D.h. das Netzwerk ist keine Organisation. Das „Netzwerk für Demokratie, Frieden und Menschen -und Pressefreiheit in der Türkei“ hat ausschließlich die Funktion, den Informationsfluss, die Kommunikation und Solidarität mit den demokratischen und fortschrittlichen Bewegungen in der Türkei zu organisieren und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen – so unsere Idee. Denn es kann lediglich darum gehen in konkreten Fällen und Entwicklungen, in unterschiedlicher Weise, wie durch Erklärungen, Unterschriftenaktion, Delegationsreisen, Informationsveranstaltungen oder ähnlichem, gemeinsam Stellung dazu zu nehmen. Aus unterschiedlichen Gesprächen wissen wir, daß angesichts der Entwicklungen und der „Übermacht“ der Erdogan/AKP Regierung, solche „Solidaritätsprojekte“ als nicht effektiv gesehen werden. Die Reaktionen und Meinungen aus der Türkei lassen aber einen anderen Schluss zu. Nämlich, viele Kreise (AkademikerInnen, JournalistInnen, Gewerkschaften etc.) betonen die Bedeutung und den Einfluss der Solidarität aus dem Ausland.

Nach unseren Informationen werden auch in anderen europäischen Ländern (wie in England das Netzwerk „SPOT“) versucht solche Netzwerke zu gründen.
Ein erster Schritt könnte eine gemeinsame Erklärung sein.

Hier ein Vorschlag für eine mögliche Erklärung:

Gemeinsame Erklärung für Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei

Wir, die UnterzeichnerInnen dieser gemeinsamen Erklärung, unterstützen die Stimmen nach Demokratie und Frieden in der Türkei. Die Zuspitzung der Lage nach dem Putschversuch am 15. Juli 2016 und dem ausgerufenen Ausnahmezustand sehen wir mit großer Sorge. Die Repressionswelle richtet sich keineswegs „nur“ gegen die Gülenbewegung (FETO) und seiner Anhänger, die in diesem Putschversuch involviert gewesen sein sollen, womöglich auch initiiert haben, sondern gegen alle demokratischen und progressiven Kräfte. Aktuell versucht die Regierung mit der Hilfe von MHP (Nationale Bewegungspartei), 18 Paragraphen der Verfassung zu ändern um der Einmann-Diktatur den Weg zu öffnen. Statt die tiefen Wunden zu heilen, die mit dem Umsturzversuch innerhalb der gesamten Bevölkerung vertieft wurden, antwortet die AKP-Regierung mit einem Generalangriff auf die demokratische Opposition, insbesondere gegen die HDP. Mit der Suspendierung der Lehrer und Akademiker sind im öffentlichen Dienst zehntausende Menschen entlassen worden. Nach Medienberichten sind 146 Journalisten in Haft. Kommunen werden unter Zwangsverwaltung gestellt. Die Regierung setzte die Europäische Menschenrechtskonvention aus und spricht von einer Wiedereinführung der Todesstrafe. Der Laizismus wird bekämpft, die Trennung von Staat und Religion droht endgültig aufgehoben zu werden.

Trotz allen Widrigkeiten versuchen kämpferische Gewerkschaften, Frauenverbände, Berufsverbände, UmweltaktivistInnen, Friedensbewegungen und linke Parteien, die Hoffnung auf Demokratie und Frieden aufrecht zu erhalten.

Alternative Medien wie Özgür Gündem oder Hayatin Sesi-TV, IMC-TV wurden geschlossen und verboten. Tageszeitungen wie Evrensel oder Cumhuriyet erfahren tagtäglich Angriffe. JournalistInnen werden wochenlang in Untersuchungshaft genommen.

Wir, die UnterzeichnerInnen dieser Erklärung, haben nur den Willen, dass die Demokratisierung der Türkei voranschreitet. Nun schauen wir auf ein Land, das jede kritische Stimme verstummen lässt.