Der türkische Staat startete die angekündigte Militäroffensive gegen den kurdischen Kanton Afrin im Norden Syriens. Seit Tagen stand Afrin, der Teil der mehrheitlich von Kurden bewohnten selbstverwalteten Demokratischen Konföderation Nordsyrien (Rojava) ist, unter Artilleriebeschuss der türkischen Streitkräfte. Am 20. Januar begannen türkische Jets die Region zu bombardieren. Kurdische Quellen berichten, es habe bisher neun Todesopfer gegeben, darunter sechs Zivilisten. Der türkische Regierungschef Binali Yildirim kündigte an, auf die Luftschläge würde jetzt der Einmarsch türkischer Bodentruppen in Nordsyrien folgen, die von dschihadistischen Milizen unterstützt werden.
Im Fokus der türkischen Militäroffensive stehen nach eigenen Angaben die Stellungen der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG). YPG ist Teil des Militärbündnisses Syrische Demokratische Kräfte (SDF). Das Bündnis ist die einzige demokratische und säkulare Kraft in Syrien, die den Islamischen Staat (IS) erfolgreich bekämpft hat. Dass die AKP-Regierung unter dem Vorwand des Regimewechsels auch auf dschihadistische Terrorbanden zurückgreift, ist kein Geheimnis. Jetzt sollen diese erneut an der Seite der Bodentruppen eingesetzt werden.
Seit dem Beginn des Kriegs in Syrien im Jahre 2011 ist Afrin die sicherste Region im Norden des Landes. Sie bot den Kriegsflüchtlingen stets Zuflucht vor islamistischen Terroristen an. Trotz der zahlreichen Provokationen seitens der türkischen Armee ging von Afrin keine Bedrohung aus. Dass der Kanton jetzt als eine Gefahr für die Türkei dargestellt und zum Ziel von Militärangriffen wird, macht die wahren Absichten der AKP-Regierung deutlich: das Selbstbestimmungsrecht der Kurden soll um jeden Preis verhindert werden.
Die unverhohlene Kriegstreiberei des türkischen Präsidenten Erdoğan und seiner AKP-Regierung wird seit Wochen von einer nationalistischen Propaganda begleitet. Diese soll auch der Einschüchterung von Kurden im Land, aber darüber hinaus jeglicher Opposition in der Türkei dienen. Mit ihrer Militäroffensive beschwört die Türkei nicht nur ein Wiederaufflammen der Kämpfe in Syrien, sondern auch die Gefahr einer bürgerkriegsähnlichen Entwicklung in der Türkei auf.
Trotz dieser Gefahren hält die Bundesregierung an ihrer Politik der Unterstützung der Türkei fest. Während Erdoğan die Offensive ankündigte, erklärte Bundesaußenminister Gabriel, die Bundesregierung werde die Modernisierung der Leopard-II-Panzer durch den Rüstungskonzern Rheinmetall genehmigen. Diesen Deal begründet er, wie die Türkei ihre jetzigen Angriffe, mit dem Kampf gegen den IS-Terror.
Laut Presseberichten erklärten “nicht näher genannte Kreise aus dem Auswärtigen Amt”, man sei besorgt und rufe “alle Beteiligten auf, jetzt besonnen zu handeln und keine neue Gewalt aufkommen zu lassen”. Dabei müsste man auch im Auswärtigen Amt wissen, dass die Rüstungsexporte der Bundesregierung an Erdoğan den Kampf gegen den IS schwächen und stärken nur den dschihadistischen Terrorbanden in Syrien stärken. So macht sich die Bundesregierung zum Komplizen Erdoğans und der türkischen Regierung.
Eine “Normalisierung der Beziehungen zur Türkei”, die jetzt von der Bundesregierung begrüßt wird, wird deren Verantwortung an weiterem Blutvergießen vergrößern. Wir rufen an die Öffentlichkeit in Deutschland: Setzen Sie sich bitte dafür ein, dass dieser Panzerdeal und sämtliche Rüstungsexporte an die Türkei beendet werden! Verhindern wir gemeinsam, dass die Türkei mit der Besetzung Afrins und anderer Gebiete in Rojava die einzigen demokratischen und säkularen Kräfte zurückdrängen und islamistische Terrorbanden stärken kann!
Föderation Demokratischer Arbeiterverein (DIDF)